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Ich bin Mama – und habe Brustkrebs

Claudia Horst führte ein Interview mit ihrer Klientin Sandra H.

Die Diagnose Brustkrebs wirft jede Frau aus der Bahn. Besonders schwer ist es, wenn es Mütter von kleinen Kindern trifft.
Wenn Sandra H. an den Zeitpunkt ihrer Diagnose zurückdenkt, dann war da nicht nur die Angst, den Krebs nicht zu überleben oder die Therapien nicht durchzustehen, sondern auch die Angst um ihren damals sechsjährigen Sohn.
Wird sie sich ausreichend um ihn kümmern können? Wird sie ihn aufwachsen sehen, ihn womöglich zurücklassen müssen? Wer kümmert sich dann um ihn? Das Gedankenkarussell ließ sie nachts nicht schlafen. Sandra fasste einen Entschluss: Ich werde wieder gesund! Das verspreche ich dir, mein Kind!

Im März 2021, im Alter von 44 Jahren, erhielt Sandra H. die Diagnose Brustkrebs. Im Gespräch mit mir erzählt sie die Geschichte über ihre Doppelrolle als Krebspatientin und Mutter und was ihr während der Therapie half.
Ihren Sohn Mairo unterstütze und begleite ich therapeutisch im Auftrag der Dehrner Krebsnothilfe e.V.
Im Verlauf des Interviews sind wir in der Anrede vom förmlichen ‘Sie’ zum persönlichen ‘Du’ übergegangen.

Sandra H.
Mama und Brustkrebs – Foto: privat

Sandra, wann und wie hast du den Tumor entdeckt?

Es war im März 2021. Beim eigenständigen Abtasten meiner Brust entdeckte ich auf der rechten Seite einen frei beweglichen, tiefsitzenden und vor allem schmerzhaften Knoten, eher untypisch für einen bösartigen Tumor. Dennoch war ich beunruhigt. Da ich ohnehin wenige Tage später einen routinemäßigen Vorsorgetermin bei meiner Frauenärztin hatte, konnte ich sie unmittelbar darauf ansprechen. Zunächst schien die Verhärtung nicht auf einen Tumor hinzuweisen. Sicherheitshalber schlug sie eine pathologische Befunderhebung vor … Und das daraus resultierende Ergebnis bestätigte den Verdacht.


Kannst du dich noch an den Moment der Diagnose erinnern?

Ja, sehr gut sogar! Auf dem Ultraschallbild im Brustzentrum Limburg war nichts zu sehen, auch die Mammografie brachte kein eindeutiges Ergebnis. Erst die Biopsie bestätigte dann am 29.03.2021 die Diagnose Brustkrebs! Ich erinnere mich noch genau an diesen Moment! Die Nachricht zog mir den Boden unter den Füßen weg. Ich saß da ganz allein und war wie erstarrt, mein Mann durfte mich ja wegen den strengen Corona-Regelungen nicht begleiten. Das war so schlimm für mich. Später rief ich ihn dann am Arbeitsplatz an. Er war zuerst auch sehr geschockt und weinte mit mir, aber dann war er fest davon überzeugt, dass wir das Bevorstehende gemeinsam schaffen zu werden.

Was ging dir damals durch den Kopf, als du die Diagnose bekamst?

Mir schossen sofort quälende Gedanken durch den Kopf, vor allem die Fragen: Was passiert mit meinem Mann und was mit meinem Kind? Werde ich meinen Jungen aufwachsen sehen? Was und wie sage ich es meinem sechsjährigen Sohn? …. Die Diagnose hat mir schwer zu schaffen gemacht – und immerzu war da doch noch die leise Hoffnung: Vielleicht haben sie sich ja vertan … Ich wusste, dass rechtzeitig erkannte, nach wissenschaftlich medizinischen Richtlinien behandelte Brustkrebs-Erkrankungen in den meisten Fällen gut heilbar sind.
Dieses Wissen hat mir geholfen, optimistisch zu bleiben. Ich habe gemeinsam mit meinem Mann beschlossen, gestärkt aus dem Ganzen herausgehen zu wollen und mir immer wieder bewusst gemacht, dass ich an dieser Krankheit nicht sterben werde.

Wie ging es dann weiter?

Die behandelnde Frauenärztin im Brustzentrum Limburg klärte mich zwei Tage später über das weitere Prozedere einer brusterhaltenden Therapie (BET) auf (Anmerkung: die sog. BET ist eine operative Therapieoption beim Mammakarzinom, die gekennzeichnet ist durch eine komplette lokale Tumorentfernung im Gesunden unter Erhaltung der Brust, eine axilläre Lymphknotendissektion sowie eine Nachbestrahlung): Portimplantation, Chemotherapie und deren Nebenwirkungen, die eigentliche Brust-OP, Bestrahlungen… Das volle Programm…

Danach ging alles ganz schnell: sämtliche Voruntersuchungen und Vorgespräche beim Anästhesisten und Operateur, alles erfolgte noch am selben Tag.
Ich fühlte mich hin und her geschickt, komplett überfordert – und trotz der Fürsorge durch die ‘Brustschwester’ und die anderen Pflegerinnen – irgendwie total allein gelassen. Es blieb kaum Zeit für meine vielen Fragen. So sehr hätte ich mir jetzt meinen Mann an meine Seite gewünscht! Völlig erschöpft und unter Tränen fuhr ich an diesem Tag nach Hause.

Am 18.04. 2021 wurde dann das Knochen-szintigramm gemacht, drei Tage danach der Port implantiert. Und da begann das Übel … Der Portkatheder hatte sich wenig später infiziert und musste am 06.05. ohne Betäubung und unter höllischen Schmerzen gespült werden.
Unter Antibiotikagabe lag ich anschließend fünf Tage auf der Isolierstation, bevor ich dann wieder auf die Normalstation verlegt wurde. Noch nie war ich so lange von meiner Familie und meinem Kind getrennt! Das alles hatte massive Auswirkungen auf meine Psyche und ich musste ständig heulen.

Meine Not war schließlich so groß, dass ich um seelischen Beistand bat, der mir auch gewährt wurde.
Doch nichts half mir so sehr wie die Erlaubnis, mich nach diesen fünf schlimmen Tagen kurz mit meinem Mann und meinem Kind auf dem Parkdeck des Limburger Krankenhauses treffen zu dürfen. Das allein gab mir die Kraft, weiterzumachen und durchzuhalten.
Eine niedergelassene Psychotherapeutin, die ich aus anderen Beweggründen bereits aufsuchte, stärkte und stärkt mir auch heute noch den Rücken. Die beste Stütze ist jedoch mein Mann und die Liebe zu meinem Kind. Mein Mann trägt alles mit und meint: Die beste Therapie sei die, wenn ich wieder lache!

Wie bist du mit der Diagnose umgegangen und wie hat dein soziales Umfeld darauf reagiert?

Außer mit meinem Mann konnte ich in den ersten beiden Wochen mit niemandem darüber reden. Und dann war da ja auch noch mein Kind, dem ich es auf jeden Fall vor allen anderen sagen musste.

Später ging ich dann sogar sehr offen mit der Diagnose um. Es hat mir gutgetan, darüber zu reden, und hat mir das Leben leichter gemacht. Meine Freundinnen und guten Bekannten signalisierten mir stets, dass sie für mich da sind, wenn ich Hilfe brauche – und das bis zum heutigen Tag! Menschen, denen ich wichtig bin, beschenkten mich mit liebevollen Aufmerksamkeiten und wendeten sich mir emotional zu.

Anfangs fiel es mir schwer, so viel Wertschätzung anzunehmen. Wie könnte ich das jemals wieder ‘zurückgeben’?, fragte ich mich. Später konnte ich es gut zulassen, spürte, dass sich die Menschen selbst darüber freuten. All diese Geschenke, tollen Worte und Liebenswürdigkeiten haben mir geholfen und mich sehr gestärkt.

Wie hast du deinem Kind die Krankheit beigebracht?

Im Krankenhaus drückte mir die ‘Brustschwester’ das reich bebilderte Kinderbuch “Warum trägt Mama im Sommer eine Mütze?” in die Hand. Nachdem ich die Geschichte zuerst für mich alleine gelesen hatte und auch sehr zutreffend fand, bereitete ich Mairo auf den Inhalt der Geschichte vor. Ich sagte ihm, dass die Mama eine Krankheit habe, die man Krebs nennt und es hier ein Buch zu diesem Thema gebe, das sie ihm jetzt vorlesen möchte.

Als das Buch fertiggelesen war, erklärte ich ihm, dass die Mama auch ihre Haare verlieren und oft müde sein wird, und dies und jenes … Er stellte daraufhin Fragen, die ich versuchte, kindgemäß zu beantworten. Ich nahm das Wort “Krebs” bewusst in den Mund. Wir gaben dem Tumor sogar einen Namen: “Kidney” – weil seine Form einer Bohne glich. Das fand Mairo lustig.

Mit der Beantwortung auf seine Fragen: “Mama, stirbst du jetzt?” und “Gehst du jetzt dahin, wo die Oma ist?”, tat ich mich dann doch sehr schwer. Dazu eine kurze Erklärung: Vor drei Jahren war meine Mama ebenfalls an Krebs erkrankt gewesen und unter der Chemobehandlung fielen ihr die Haare aus. Sie starb damals an der Erkrankung. Das haftet Mairo noch im Gedächtnis. Seitdem verbindet er eine Glatze automatisch mit dem Tod und spricht vom ‘Glatzenmann’.

Und nun hatte er Angst um mich. Ich versuchte es ihm so zu erklären, dass die Mama zwar irgendwann mal sterben müsse – so wie alle Menschen auf der Welt – aber nicht an diesem Krebs! Ich wollte ihn davor bewahren, sich ständig um mich zu ängstigen. Mithilfe der Geschichte konnte ich ihn schließlich davon überzeugen, dass die Haare nach einer bestimmten Zeit wieder wachsen. Es war trotzdem immer wieder Thema bei ihm, auch bei dir hier in der Praxis, wie du weißt. Mairo wollte haben, dass ich wieder meine alten Haare habe – lang und mit Locken, und das so schnell wie möglich … Das Buch hatte ich dann auch im Kindergarten abgegeben mit dem Hinweis, es den anderen Kindern zu zeigen, damit sie Bescheid wissen, wenn sie mich beim Abholen irgendwann mit Glatze sehen. Manche Kinder haben mich dann später auch darauf angesprochen. Da war es gut, dass sie mit meiner Erklärung etwas anfangen konnten.

Hat dich dein Sohn in irgendeiner Weise auch bei deiner Krankheit unterstützt?

Ja, das hat er. Allein, dass er und natürlich auch mein Mann da waren, hat mir schon Kraft und Mut gegeben, um zu kämpfen und die Krankheit und die Therapie und alles Weitere zu überstehen. Immer wieder sagte ich zu mir selbst: Du musst stark sein, du kämpfst, du packst das usw.

Auch aktiv hat mich mein Kleiner unterstützt – das lässt mir heute noch Tränen in die Augen schießen. Wenn es mir manchmal so schlecht ging, ich im Bett lag und mein Kind, das zum damaligen Zeitpunkt gerade mal sechseinhalb Jahre alt war, rufen musste, weil ich Durst hatte oder sonst etwas fehlte: Mairo, bitte hol mir mal eine Flasche Wasser, bitte hol mir mal ein Taschentuch, hol mir mal das, das, das …

Und dann hatte mir mein kleiner Sohn schon in diesem Alter helfen müssen, was mir heute noch, wenn ich darüber nachdenke, sehr, sehr weh tut. Aber auch seelisch hat er mich unterstützt, indem er mich liebgehalten hat.

Anfangs, mit Glatze, war es schlimm für ihn. Da wollte er erst nicht. Es dauerte aber nur ein paar Tage, bis er sich daran gewöhnt hatte und schließlich auch meine Glatze küsste. Ja, ich habe in jeder Hinsicht viel Unterstützung von ihm bekommen.

Man kann also sagen, dass dir dein Sohn in mehrfacher Hinsicht Kraft gegeben hat?

Ja, mein Sohn hat mir sogar die meiste Kraft von allen gegeben, weil ich mir immer wieder sagte: Ich will nicht, dass mein Sohn ohne eine Mama aufwächst. Und da er ja schon mitbekommen hatte, wie die Oma an Krebs gestorben ist, und auch zuvor eine Glatze hatte, war für mich klar: Nein! Mich kriegt der Krebs nicht! Ich kämpfe, ich halte durch und muss stark sein für mein Kind, aber auch für meinen Mann. Und deswegen gab mir Mairo, allein schon, wenn er ins Zimmer kam, mich anlächelte und dann wieder ging, die nötige Kraft, um das alles zu überstehen.

Sandra, du hattest dich ja auf meine letzte Frage hin schon dazu geäußert, dass dir dein Sohn in mehrfacher Hinsicht Kraft gegeben hat …
Gab es da auch besonders berührende Momente?

Ja, die gab es. Mit der berührendste Moment war natürlich der, als Mairo mich gleich zu Beginn der Erkrankung fragte, ob ich jetzt sterben müsse, so wie die Oma Hannelore. Das war für mich ein sehr berührender, tränenreicher Moment. Ich musste auch in anderen Situationen ab und zu vor meinem Kind weinen, weil es anders einfach gar nicht möglich war, meiner inneren Bewegtheit Ausdruck zu
geben. Bestärkt hat mich jedesmal das Lachen meines Kindes und sein sonniges Wesen: wenn er mich liebgehalten hat, mich angelächelt hat, das alles hat mir sehr viel Kraft gegeben.

Kommen wir noch einmal auf die Diagnose zurück: Wie wurde der Brustkrebs bei dir therapiert?

Ende April 2021 begann die Behandlung mit einer präoperativen Chemotherapie mit sechs Zyklen, gefolgt von einer Antikörpertherapie mit insgesamt 18 Gaben. Dazwischen lag dann die für Ende September geplante Brustkrebs-Operation. Postoperativ ging es danach mit der Strahlentherapie weiter. Nach Abschluss der Antikörpertherapie im Sommer 2022 schließt sich dann noch für fünf bis zehn Jahre eine Endokrine Therapie in Tablettenform an.

Wie hat die Chemotherapie bei dir angeschlagen?

Die Chemo hat sehr gut bei mir angeschlagen, so dass der Tumor bis zur Operation komplett verschwunden war. Unter dem operativen Eingriff selbst hatte man dann festgestellt, dass da noch ein zweiter, bisher unbemerkter Tumor gewesen war, der sich aber auch unter der zytostatischen Behandlung vollständig zurückgebildet hatte. Die Chemo führte also zu einem super megatollen Erfolg bei mir, worüber ich sehr sehr froh und erleichtert bin!

Es war eigentlich wie in einem Horrorfilm,
in dem ich die Hauptdarstellerin war.

Sandra H.

Hattest du auch mit Nebenwirkungen zu kämpfen?

Ja, sehr sogar! Die Nebenwirkungen waren der Hammer! Ich kann mich erinnern, dass ich am Folgetag der ersten Chemo noch 5000 Schritte laufen konnte und ich ganz stolz auf mich war. Am zweiten Tag hatte ich dann schon das Gefühl, dass in meinem Kopf ein Vakuum entstanden ist. Es war der Horror: Mein Gehirn funktionierte nicht mehr richtig, ich konnte nicht mehr richtig gehen, war wie besoffen. Es war ein ganz schrecklich schlimmes Gefühl.

Ich habe mich in meinem eigenen Körper nicht mehr wohlgefühlt. Und danach fingen dann die Nebenwirkungen so richtig an: Nasenbluten, alle Schleimhäute wund und blutig, auch im Intimbereich. Im Mund bildete sich eine Art ‘Elefantenhaut’, dunkel und lila verfärbt, fest und hart. Augen und Ohren taten weh. Alle Sekrete fühlten sich gelartig und schleimig an.

Nach zwei Wochen verlor ich dann die Haare, was für mich aber kein Problem war. Ich hatte mich darauf vorbereitet, selbst schon großzügig vorgeschnitten. Ich entschied mich dann so schnell wie möglich, alle Haare abzurasieren. Allmählich verschwanden alle Muskeln. Man hat Schmerzen, liegt im Bett, sieht schlimm und aufgedunsen aus – das Aussehen ist dabei aber zweitrangig. Man kann einfach nicht mehr Mensch sein, fühlt sich wie ein Monster, kann nicht mehr Herr über seinen eigenen Körper sein…

Die Polyneuropathie machte und macht mir auch heute noch zu schaffen. Ich hatte Wortfindungsstörungen. An einem Tag, konnte ich sogar überhaupt nicht mehr sprechen. Die Worte kamen einfach nicht heraus. Du willst etwas sagen, deine Gedanken aussprechen, aber du vergisst, was du sagen willst, weil du dich nicht konzentrieren kannst – Gott sei Dank gibt es in der Reha dann so Übungen, mit denen man das Gehirn wieder trainieren kann.

Ich hatte Ausschläge am ganzen Körper, gelbe und brüchige Fingernägel, eingewachsene Fußnägel – also die Nebenwirkungen schienen bei mir kein Ende zu nehmen -, nur übergeben musste ich mich nicht. Es war eigentlich wie in einem Horrorfilm, in dem ich die Hauptdarstellerin war. So kann man sich das vorstellen. Was ich da mitmachte, war alles andere als ein lockeres Durchmarschieren.

Als schlimm empfand ich auch, dass ich zwar hundemüde und körperlich total fertig war, aber trotzdem nicht einschlafen konnte. Ich denke, die Psyche wird dabei eine entscheidende Rolle gespielt haben.

Dein Sohn ist ja noch auf Betreuung angewiesen. Wie hast du diese Doppelbelastung geschafft?

Ich muss sagen, es gab Momente, da habe ich nur funktioniert, z.B. als mein Sohn eingeschult wurde. Das war nach der letzten Chemo. Mein Mann war zu diesem Zeitpunkt selbst im Krankenhaus. Da gab es dann auch Komplikationen, so dass er schließlich zehn Tage dort bleiben musste. Zusammen mit meiner Schwiegermutter bekam ich den Tag der Einschulung dann irgendwie ‘gewuppt’. Daran kann ich mich noch erinnern. Aber an die Tage danach, so ohne Mann und ohne Unterstützung, fehlt mir praktisch jede Erinnerung.

Da kamen dann so Sachen auf mich zu, wo ich einfach nur funktionieren musste: den Kleinen in die Schule fahren, ihn abholen, mit ihm Hausaufgaben machen – zumindest an den Tagen, an denen er nicht in der Betreuung war, lesen üben, ihn beschäftigen usw.

Ich musste es versuchen. Für mich war es manchmal schlimm zu sagen: die Mama kann nicht, mir geht’s nicht gut. Ich versprach meinem Sohn aber immer, dass wir alles nachholen werden, was wir jetzt ja auch tun.

Traurigkeit und Verzweiflung bei Sandra H. – Foto: privat


Welchen zusätzlichen Herausforderungen musstest du dich noch in deiner Doppelrolle stellen?

Die größte Herausforderung in meiner Doppelrolle bestand für mich darin, mit einem unter der Chemotherapie total veränderten Körper und unter all den Nebenwirkungen trotzdem für das Kind da zu sein. Ja, man musste einfach da sein. Das war für mich eine enorme Herausforderung. Wenn ich meinem Kind sagen musste: “Mairo, bitte lass die Mama mal ruhen”, obwohl er eigentlich etwas mit mir spielen wollte, oder seine Wünsche abschlagen musste mit den Worten: “Nein, ich kann nicht. Ich muss jetzt ruhen. Ich hole das irgendwann mit dir nach, dann, wenn’s der Mama besser geht. Aber das dauert noch eine lange Zeit.”

All das zu meistern, war eine riesige Herausforderung für mich, in einem Zustand, in dem du dich selbst nicht mehr als Mensch fühlst, sondern als Kreatur.

Sandra, hat dich die Krankheit persönlich verändert?

Ja, die Krankheit hat mich auf jeden Fall verändert! Ich habe einen anderen Charakter bekommen. Meine Priorität ist jetzt nicht mehr die Arbeit und der Haushalt usw., sondern das Glücklichsein: dass meine Familie und ich glücklich sind, dass es uns gutgeht. Das ist für mich das Wichtigste, denn ich habe nur dieses eine Leben. Die Krankheit hat uns noch mehr zusammengeschweißt.

Wir genießen noch mehr die Zeit zu dritt. Vorher war das eher so, dass Mairo immer mit Freunden spielen wollte, dahin und dorthin wollte. Mittlerweile genießt er auch mal die Zeit mit Mama und Papa alleine. Dass wir drei jetzt noch mehr füreinander da sind, ist auch etwas sehr Schönes.

Mein Charakter hat sich dahingehend verändert, dass ich viel mehr Blicke darauf habe, wie es anderen geht. Wenn ich jetzt am Straßenrand arme Menschen sehe, die um Geld betteln, bekommen sie auch welches von mir. Oder, wenn ich Menschen sehe, die im Mülleimer nach Essen suchen, gehe ich hin und drücke ihnen fünf Euro in die Hand, einfach so.

Ja, ich bin nicht mehr so darauf bedacht, das Geld zu sparen, sondern möchte lieber helfen. Ich möchte Leuten helfen, denen es schlecht geht, so, wie ich auch Hilfe, sehr viel Hilfe sogar, bekommen habe, als es mir nicht gut ging. Da möchte ich jetzt einfach auch helfen und unterstützen.

Hat die Krankheit auch dein Kind verändert?

Ja, auf jeden Fall hat die Krankheit auch Mairo verändert. Er war zwar vorher schon ein zuverlässiger, hilfsbereiter und herzlicher Mensch. Aber durch die Krankheit hat sich das intensiviert: Er ist noch fürsorglicher und aufmerksamer geworden, strahlt unheimliche Herzlichkeit gegenüber seinen Freunden und der Familie aus und genießt noch mehr den Familienzusammenhalt.

Mir fällt aber auch auf, dass er sich jetzt, wenn es um Krankheiten geht oder es jemandem schlecht geht oder so, eher schützt, indem er nicht so gerne zuhören möchte. Er versucht offensichtlich, sich psychisch nicht damit zu verletzen.

Ich gebe ihm immer wieder Anlässe zum Glücklichsein, kann inzwischen auch wieder viel mehr mit ihm spielen. Trotz all dem Erlebten ist er ein sehr glückliches, fröhliches Kind, ein Kind, das gerne tanzt und spielt und lacht. Besser kann ich es nicht ausdrücken.

Was hat dir während der Behandlung gutgetan, dir das Leben leichter gemacht?

Also, was mir das Leben während meiner Therapie leichter und angenehmer gemacht hat, war z.B., dass man in der Brustkrebs-Ambulanz in Limburg immer freundlich und nett empfangen wurde, dass man zusammen gelacht hat. Man bekam Wasser, Kaffee und Tee, immer etwas zum Essen. Alle waren sehr fürsorglich und einfühlsam.

Das alles hat mir sehr geholfen, so dass ich auch gerne acht Stunden da verbracht habe und die Zeit gefühlt viel schneller verging. Man konnte sich unterhalten, sich austauschen – ja, es war, auch wenn sich das jetzt in diesem Zusammenhang blöd anhören mag, so was wie eine Gemeinschaft. Es war einfach toll. Manche mögen vielleicht denken, ‘O Gott, diese langen Behandlungssitzungen, wie schlimm!’ – aber ich war, und bin ja auch immer noch wegen meiner Antikörpertherapie alle drei Wochen, gerne dort. Das Warmherzige, das Nette, Freundliche, das Einfühlsame. Es tat mir gut und gab mir Kraft.

Zuhause war es dann die Liebe, die ich von der Familie, von Verwandten, Freunden und Bekannten erfahren habe. Das hat mir auch sehr geholfen. Ich habe unheimlich gespürt, dass ich gemocht werde, dass sich die Menschen Gedanken um mich machten. Die vielen Umarmungen und Streicheleinheiten von meinem Mann und meinem Kind haben ebenfalls sehr dazu beigetragen, dass mir das Leben unter diesen Umständen leichter fiel.

Erinnerst du dich an besondere, schöne und positive Momente während der Krebsbehandlung?

Ja, ich erinnere mich da spontan an die Begegnung mit einem Storch bzw. mit mehreren. Der Storch wurde zu meinem persönlichen Symbol, das mich durch die gesamte Therapie trug. Hier muss ich kurz erzählen, wie es dazu kam: hochschwanger, im Sommer 2014, hatte ich das letzte Mal einen Storch gesehen. Für mich strahlen Störche so etwas Erhabenes, Großes und Schönes aus. Ich wusste, sie sind selten. Umso mehr freute ich mich und traute meinen Augen kaum, als ich, nur wenige Tage nach meiner Krebs-Diagnose, nach so vielen Jahren wieder einen Storch auf dem Feld stehen sah.

Zwei Tage später war ich auf dem Weg zu meinem Vater und nahm die Abkürzung durchs Gelände, um schneller bei ihm zu sein. Gerade überlegte ich mir, wie ich ihm die schlimme Botschaft am besten beibringe, ohne ihn zu beunruhigen, denn schließlich hatte er ja vor noch gar nicht langer Zeit meine Mama durch Krebs verloren … Ich war so in Gedanken, als da plötzlich wieder ein Storch im Feld stand! Unglaublich! Da hatte ich nun seit sieben Jahren keinen Storch mehr gesehen und dann innerhalb von zwei Tagen auf einmal schon zwei.

Das war für mich so schön, ja, mit das Schönste! Ich dachte so bei mir: den hat mir meine Mama geschickt – mein Schutzengel. Ehe ich mich versah, war er auch schon wieder weg.

Dann fuhr ich weiter zu meinem Vater. Ich merkte, dass ich irgendwie Kraft gesammelt hatte und erzählte im alles. Wie befürchtet, war die Nachricht ganz ganz schlimm für ihn. Ich musste ihn hinterher aufbauen und ihm sagen: “Hier Papa, pass mal auf, du musst jetzt ein Jahr für mich da sein, mir ein bisschen helfen, mich bei der Betreuung meines Jungen so gut es geht unterstützen. Und danach bin ich ja wieder jahrelang für dich da. Aber jetzt geht es erst einmal ein Jahr um mich.”

So konnte ich das dann auch gut stehen lassen …

Wieder zuhause, googelte ich gleich nach der Bedeutung des Storchs: Für was steht er? Was bedeutet es für mich, wenn ich ihn gerade jetzt so oft hier sehe? Bisher hatte ihn nur damit in Verbindung gebracht, dass er ‘die Kinder bringt’. Da stand dann aber, dass der Storch auch Kraft und Stärke bringt. Das war für mich ein Wink mit dem Zaunpfahl.

Als ich das las, war für mich klar: ‘Ja genau, ich habe genug Kraft, ich habe Stärke, und ich besiege den Krebs.’ Und genau das ist ja auch jetzt passiert. Eine gute Woche später, kaum zu glauben, konnte ich bei einem kleinen Erholungsspaziergang schon wieder Störche beobachten, dieses Mal sogar eine Dreiergruppe, unten an der Lahn, unweit meines Zuhauses. Da machte ich gleich mehrere Fotos mit meinem Handy und sagte bei mir: ‘Jetzt kann nichts mehr schiefgehen. Das kann nur ein gutes Zeichen sein.’

Ja, und so hat mich der Storch dann als Symbol in mehrfacher Weise durch meine ganze Therapie begleitet: Meine Schwägerin häkelte mir ein Kissen mit Storch-Motiv, meine Cousine schenkte mir einen Schlüsselanhänger mit Storch. Von meiner Freundin und ihrer Tochter erhielt ich ihn als Stofftier … Auf einmal waren so viele Störche um mich herum, die mich begleitet haben, auch in die Reha. Alles würde gut werden.

Mein Bruder hatte mir zudem etliche Gedichte geschrieben, u.a. ‘Der Adebar’ und ‘Die Reise”. Und diese Gedichte, extra für mich verfasst, habe ich mir immer und immer wieder durchgelesen. Sie gaben mir Kraft, genau wie all die vielen anderen Aufmerksamkeiten von lieben Menschen, Freunden, Bekannten und der Familie!

Welchen Einfluss hatte und hat das Teilen von WhatsApp Status-Nachrichten für dich?

Dadurch, dass ich kein Instagram und Facebook benutze, war das für mich die Möglichkeit, zu posten wie’s mir gerade geht oder was ich Schönes erlebt habe. In der Regel postete ich wenig darüber, was schlecht war, aber auch das kam ab und zu mal vor. Dann schrieb ich z.B.: ‘Heute war kein guter Tag.’

Zu sehen, dass über 100 Leser meinen Status angesehen und manche sich daraufhin auch gemeldet hatten, war für mich eine besondere Art der Verarbeitung. Ja, ich bin mit meiner Diagnose an die Öffentlichkeit gegangen, das hat mir gutgetan.

Ich musste darüber reden und habe dafür viel viel Anerkennung von Leuten zurückbekommen. Es war für mich eine Art Selbsttherapie, das muss ich schon sagen. Ich habe extrem viel WhatsApp genutzt – und nutze es noch heute.

Wie geht es dir heute, auch nach deiner Anschlussheilbehandlung?

Ich muss sagen, mir geht es heute gut – nicht sehr gut, aber gut. Ich bin glücklich und habe meinen Humor nicht verloren. Ich habe die Krebsbehandlung so gut es geht überstanden, nur die Antikörpertherapie noch nicht ganz. Aber im Sommer bin ich auch damit fertig und dann geht die Antihormontherapie noch fünf bis zehn Jahre in Tablettenform weiter.

Die gerade abgeschlossene Reha hat mir auch viel gebracht. Ja, meiner Meinung nach habe ich den Krebs besiegt. Und deswegen geht es mir gut. Und jetzt, da ich wieder bei meiner Familie sein kann, geht es mir noch viel besser.

Was das Körperliche betrifft, so muss ich allerdings sagen: Der Körper wird nie mehr so sein wie er war. Das ist klar. Aber ich akzeptiere alles, wie es gekommen ist und mache das Beste daraus – und bei all dem verliere ich nicht meinen Humor.

Was hat dir bei deinem Weg durch die Krankheit zurück ins Leben geholfen?

Ehrlich gesagt: So richtig zurück im Leben bin ich noch gar nicht angekommen. Ich bin ja auch noch in der Therapie – die ist ja noch nicht ganz abgeschlossen. Ich habe zwar das Schlimmste überstanden, aber wie gesagt, zurück im Leben oder genauer gesagt, in ‘meinem’ Leben, so wie es vorher war, so ganz allgemein, bin ich noch nicht.

Ich bin zumindest so weit, dass ich sagen kann, ich habe nicht mehr diese ganz schlimmen Nebenwirkungen, selbst wenn manche noch da sind und sicher auch noch ein paar Jahre bleiben werden, wie du selbst weißt. Nein, so richtig zurück ins Leben habe ich noch nicht gefunden und ich weiß auch gar nicht, wann ich das sagen kann, dass ich dort wieder angekommen bin. Trotzdem bin ich ein glücklicher und humorvoller Mensch.

Welche Tipps gibst du anderen Betroffenen, denen es vielleicht schwerfällt, positiv zu denken?

Mein Tipp ist es, das Leben im Hier und Jetzt zu nehmen, so wie es ist – und immer mit der Hilfe von Psychologen – ohne das geht es meiner Meinung nach nicht. Und vor allen Dingen ist es wichtig, den Humor nicht zu verlieren und das, was schön ist, intensiver zu erleben. Es gibt immer schöne Dinge im Leben und man kann auch immer für Humor sorgen. Es ist für mich etwas ganz Wichtiges, auch über sich selbst lachen zu können.

Zudem rate ich, all die Hilfen und Aufmerksamkeiten positiv anzunehmen und viel, viel zu lachen. Lachen macht gesund. Das hört sich jetzt vielleicht blöd an, aber es hilft immens, wenn man das Lachen einfach nicht verliert. Das sind so meine ganz persönlichen Tipps. Darüber hinaus finde ich es sehr, sehr wichtig, offen zu sein, darüber zu reden, sich nicht zu genieren, auch aktiv Hilfe einzufordern und Google fragen, wo man sich hinwenden kann.

Es gibt so viele Anlaufstellen, wo Krebskranken geholfen wird. Einfach alles mitzunehmen, was man mitnehmen kann – das sind die Dinge, die ich empfehlen kann.

Und welche Ratschläge gibst du insbesondere an brustkrebskranke Mamas weiter?

Mein wichtigster Ratschlag an brustkrebskranke Mütter ist der, auf jeden Fall dem Kind offen zu sagen, dass man Krebs hat, die Krankheit beim Namen zu nennen. Denn, wenn es in der Schule oder sonstwo von anderen Kindern erfährt, dass die Mama Krebs hat, bevor es selbst aufgeklärt ist, dann wird’s schwierig.

Auf jeden Fall rate ich Hilfe zu holen, über Bilderbücher für Kinder wie z.B. “Warum trägt Mama im Sommer eine Mütze” – ein ganz tolles Buch, das ich sehr empfehlen kann. Aber auch psychologische, psychoonkologische Hilfe in Anspruch zu nehmen, ist wichtig. Es gibt so viele Krebsnothilfe-Organisationen, wie z.B. auch die Dehrner Krebsnothilfe.

Dort einfach nachfragen. Man kriegt ganz viele Dinge erklärt. Man kann pädagogische Unterstützung und psychosoziale Hilfe für das Kind bekommen, für sich selbst therapeutische Gespräche und Begleitung in Anspruch nehmen.

Neben den ausgebildeten Fachkräften gibt es Ehrenamtliche, die sich für die Krebsbetroffenen und deren Familien Zeit nehmen. Man kann Haushaltshilfen beantragen, und andere Hilfen, die einem zustehen. Und diese dann auch wirklich zu nutzen – das ist das A und O. Je mehr Entlastung man hat, um so mehr kann man lächeln, trotz der schweren Therapie.

Das sind meine Tipps und Ratschläge. Und dabei immer stark und mutig sein und den Humor nicht verlieren!


Sandra, ich bedanke mich ganz herzlich für die Zeit, die du dir für dieses Interview genommen hast.




Kinder krebskranker Eltern – Reden ist so wichtig!

Trauriges Kind
Foto: Kian Hall / pixabay.com

Laut Schätzungen des Robert Koch-Instituts werden in Deutschland jährlich 150.000 bis 200.000 Kinder unter 18 Jahren neu mit der Situation konfrontiert, dass bei Mutter oder Vater “Krebs” diagnostiziert wird. Das heißt: In jeder dritten Familie, in der ein Elternteil an Krebs erkrankt, leben minderjährige Kinder. 


Die Krankheit beeinflusst das Leben aller Familienmitglieder. Auch Kinder sind Mitbetroffene und tragen – oft über Jahre – die Belastungen mit, die die Krebserkrankung für die Familie bedeutet. Nicht selten werden die Strapazen für die Kinder auch von den eigenen Eltern unterschätzt oder nicht erkannt. Doch ein solch einschneidendes Erlebnis prägt die Kindheit und die Entwicklung der Kinder nachhaltig. Häufig sind Eltern unsicher, ob und in welcher Form sie ihre Kinder über den Krebs informieren sollen und welche Unterstützung auch die Kinder während der Erkrankung brauchen. 


Was die Erkrankung der Eltern mit den Kindern macht

Die Krankheit im Mittelpunkt


>>> Diagnose “Krebs” bei einem Elternteil – Schock und Erschrecken macht sich breit! <<<


Von einem Tag auf den anderen steht die Krankheit im Fokus des Familienlebens. Untersuchungstermine, Krankenhausaufenthalte und ambulante Behandlungen müssen wahrgenommen werden – der eingespielte Familienalltag gerät zumeist aus den Fugen. Die Unbefangenheit im Umgang mit dem eigenen Körper, aber auch mit dem Lebenspartner, der Partnerin und mit den Kindern ist verloren gegangen. Nicht selten tritt eine Trilogie von Angst, Orientierungslosigkeit und Verunsicherung auf. Kinder erleben häufig, dass der betroffene Elternteil gewohnte Aufgaben nicht mehr übernehmen kann, unter Therapienebenwirkungen wie Müdigkeit oder Übelkeit leidet, wegen einer Chemotherapie die Haare verliert. Außerdem spüren sie die Ängste und Sorgen, die Eltern und andere Familienmitglieder im Hinblick auf den weiteren Verlauf der Erkrankung haben.

Fragen und Gedanken, die Kinder bewegen


Kleinkinder erleben vor allem Trennungen von den Eltern als große Belastung und nehmen atmosphärische Veränderungen in der Familie deutlich wahr. Kindergartenkinder können bereits eigene Fantasien zum Krankheitsgeschehen und zu Behandlungen entwickeln, die mitunter mehr Angst machen als die Realität. Neben den Veränderungen des Alltags kann Grundschulkinder auch die Frage beschäftigen, ob sie selbst eine Mitschuld an der Erkrankung der Eltern tragen. Jugendliche und Pubertierende befinden sich in der besonderen Situation, dass sie sich einerseits in dem natürlichen Loslösungsprozess von ihren Eltern befinden und sich langsam von deren Einstellungen und Sichtweisen entfernen, andererseits aber die Verantwortung verspüren, den Eltern in der Krise beizustehen. Zudem kann in dieser Altersgruppe auch die Angst aufkommen, selbst an Krebs zu erkranken. 


Auswirkungen auf die kindliche Psyche


Krisen haben ganz allgemein einen enormen Einfluss auf die Psyche von Menschen. Wie Kinder eine solche Ausnahmesituation verarbeiten, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Nicht jedes Kind, dessen Mutter oder Vater an Krebs erkrankt, entwickelt automatisch behandlungsbedürftige Probleme. Studien zur Belastung von Kindern schwer körperlich kranker Eltern zeigen jedoch, dass das Risiko für psychische Auffälligkeiten, insbesondere in Form von Ängsten, depressiven Zuständen und psychosomatischen Beschwerden, erhöht ist. Diese Auffälligkeiten können von begrenzter Dauer sein, in manchen Fällen bleiben sie aber auch längerfristig bestehen. Möglich ist auch, dass sich die Auswirkungen der krisenhaften Familiensituation erst nach einiger Zeit zeigen. Wenn ein Elternteil an Krebs erkrankt, reagieren viele Kinder zunächst angepasst und sind bemüht, die Familie nicht zusätzlich zu belasten. Gerade dann kann es passieren, dass die seelische Belastung eines Kindes übersehen oder unterschätzt wird.


Familiärer Umgang mit der Erkrankung ist entscheidend


Entgegen der Vermutung, dass vor allem objektive Krankheitsaspekte, wie z.B. der Schweregrad der Erkrankung, das Ausmaß der kindlichen Belastung bestimmen, deuten wissenschaftliche Untersuchungen darauf hin, dass an erster Stelle familiäre Faktoren von Bedeutung sind. So gelten problematische, dysfunktionale familiäre Beziehungsmuster und erhöhte Depressionswerte auf Seiten der Eltern als Risikofaktor für die seelische Belastung von Kindern krebskranker Eltern. Einen entscheidenden Schutzfaktor bietet dagegen die stetige und glaubwürdige Kommunikation innerhalb der Familie: Wenn es den Familienmitgliedern gelingt, offen und ehrlich über die Krankheit zu sprechen und dabei auch Emotionen zuzulassen, wirkt sich das insgesamt positiv aus. Kinder zeigen sich dann weniger belastet als in Familien, in denen dies eher vermieden wird.


Offenheit hilft


>>> Je offener und ehrlicher mit der Erkrankung umgegangen wird, desto einfacher ist es für Kinder, eigene Ängste und Unsicherheiten zu artikulieren und Fragen zu stellen. <<<


Experten raten dazu, Kinder möglichst früh auf altersgerechte Weise über die Erkrankung zu informieren und sie auch im weiteren Verlauf mit einzubeziehen. Das stärkt das Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und Kindern und bietet die Chance, dass Sorgen und Nöte angesprochen werden, die sonst im Verborgenen bleiben.
Gleichzeitig fragen sich betroffene Eltern: Wie finde ich die richtigen Worte? Wie viel Information ist in welchem Alter angemessen? Mit welchen Reaktionen muss ich rechnen? Eine Krebsdiagnose kann Eltern stark verunsichern und dazu führen, dass sie sich in ihrer Elternrolle weniger kompetent fühlen. Daher kann es für Eltern entlastend sein, Informationen und Anregungen einzuholen. Auch kann es helfen, das Gespräch mit professionellen Unterstützern zu suchen, die Erfahrung in der Begleitung von krebsbetroffenen Familien haben.

Text: Einige Passagen vom Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschunsgszentrums übernommen

Informations- und Beratungsangebote für Familien

Um Familien bei der Krankheitsbewältigung zu unterstützen, gibt es professionelle Informations- und Beratungsangebote, die auch im Sinne einer präventiven Hilfe in Anspruch genommen werden können. In meiner systemisch therapeutischen Arbeit im Auftrag der Dehrner Krebsnothilfe e.V. begegne ich vielen jungen Menschen im Kontext krebsbetroffener Familien. Ihnen und ihren Eltern will ich Halt und Stütze in der gemeinsamen Krisenbewältigung sein. Jede meiner prozessorientierten Begleitungen zeigt mir einmal mehr “wie viel Kraft die Seele dem Körper zu verleihen vermag”. 


Anmerkung: Auch in Zeiten von Corona möchte ich meine Klienten, groß wie klein, weiterhin unterstützen und begleiten. Die psychische Belastung hat dadurch nicht abgenommen – im Gegenteil, es kommen andere Themen und Fragen hinzu: z.B. veränderte Besuchsregelungen im Krankenhaus einzuplanen, Nähe trotz körperlicher Distanz auf der Beziehungs-ebene zu schaffen. Unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Corona-Regeln und Einschränkungen sind veränderte, der Situation angepasste Begleitungskontexte jederzeit möglich.




“Traum und Tränen” – nachgedacht

“Aus Traum und Tränen sind wir gemacht
wenn du trauerst
will ich dich trösten
Aus Tag und Abend sind wir gemacht
wenn dir kalt wird
will ich dich wärmen
Aus Angst und Hoffnung sind wir gemacht
wenn du Tod sagst
sage ich Leben”

Lothar Zenetti
Tränen
Bild: Nika Akin/pixelio.de

Wenn es stimmt, dass wir aus Traum und Tränen gemacht sind, dann gehören Traum und Tränen auch zu unserem Leben. Tatsächlich wäre unser Leben nichts ohne unsere Träume. Denn in unseren Träumen sind wir immer schon da, wo wir noch hinwollen, da, wo wir uns hinträumen. Doch Träume können auch wie Seifenblasen zerplatzen. Dann bezahlen wir mit Tränen. Denn es ist zum Weinen, wenn die eigene Wirklichkeit plötzlich alles andere als traumhaft ist.

Obwohl wir Tränen eher mit Trauer verbinden, sind sie auch oft mit positiven Erlebnissen verbunden. Da gibt es die Freudentränen. Die schießen uns in die Augen, wenn wir herzlich über etwas lachen, wenn uns die Fröhlichkeit anderer ansteckt. Wir alle kennen diese Momente, in denen alle Sorgen und aller Kummer vergessen sind. Wir weinen Freudentränen, wenn etwas wunderbar Schönes passiert, wenn etwas unerwartet Großartiges geschieht, wenn uns ein schwerer Stein vom Herzen fällt – oder wenn wir angerührt sind, zum Beispiel von einem Film. Diese Tränen tun gut.

Leider sind die meisten Tränen, die geweint werden, keine Tränen der Freude und auch kein Ausdruck irgendwelcher sentimentalen Gefühle. Meistens weinen wir, weil wir um etwas trauern, was unwiederbringlich verloren und vorbei ist. Oder wir weinen, weil wir keinen Ausweg mehr sehen, wenn uns das Wasser bis zum Hals steht, wenn wir nicht mehr ein noch aus wissen. Manchmal weinen wir auch aus Mitgefühl. Das Leid eines Menschen berührt uns dann so sehr, dass wir mit ihm traurig sind. Vielen Angehörigen und Freunden geht es so, wenn sie einen lieben Menschen begleiten, der an Krebs erkrankt ist.

Der Traum von einem Leben, in dem man selbst und die Menschen, die wir lieben, möglichst gesund sind und gesund bleiben, begleitet uns jeden Tag, meistens unmerklich, aber er ist da. Genau dieser Traum droht zu zerbrechen, wenn wir zu den rund 500 000 Menschen in unserem Land gehören, die jährlich an Krebs erkranken.

Die Diagnose Krebs stellt den Traum von einem langen, gesunden Leben in Frage. Wer an Krebs erkrankt, dem wird viel zugemutet: physisch, denn Krebstherapien sind anstrengend und teilweise schmerzhaft, aber auch psychisch. Die Nebenwirkungen der Behandlungen wie Haarausfall, Müdigkeit und Übelkeit sind nicht nur körperlich schlimm, sie schlagen auch auf das Gemüt und es erfordert viel Kraft, diesen Gefühlen etwas entgegenzusetzen.

Noch schlimmer ist die Angst. Die Angst vor der Behandlung und ihren Begleiterscheinungen. Nervenaufreibend sind die Untersuchungen und das Warten auf das Ergebnis. Zu der Lebensbedrohung, die von der Krankheit ausgeht, kommt bei manchen Betroffenen auch noch die Angst, wie es ganz allgemein weitergehen wird. Welche Auswirkungen wird die Erkrankung auf die berufliche und finanzielle zukünftige Situation haben? Sehr belastend ist darüber hinaus die Seelenlage am Behandlungsende: Die Angst vor einem Rückfall kann eine Krebspatientin, einen Krebspatienten – auch bei guter Prognose – ein Leben lang begleiten. Und die Angst sterben zu müssen, taucht immer mal wieder auf.

Krebs lässt die Stimmung zuweilen auf den Nullpunkt sinken. Phasen voll Zuversicht, Mut und Entschlossenheit wechseln sich mit solchen großer Enttäuschung und Niedergeschlagenheit ab. Rückzugsgedanken und gleichzeitig das Bedürfnis nach menschlicher Nähe bestimmen das Gefühlschaos. Wer Krebs hat, dem wird viel aufgebürdet. Oft hilft da nur Weinen. Manche Betroffene und auch ihre Angehörigen meinen, sie müssten ihre Tränen zurückhalten, um ihre Mitwelt nicht zu belasten. Aber Leid und Schmerz lassen sich nicht einfach herunterschlucken wie ein Schluck Wasser. Sie kommen immer wieder hoch und suchen sich einen Weg, um aus dem Körper auszubrechen – in Form von Tränen. Deshalb ist jede Träne, die geweint wird, eine gute Träne, nicht nur die Freudentränen. In jeder Träne, die fließt, werden Gefühle nach außen getragen, die sich übermächtig in uns breit gemacht haben: Übermäßige Freude und tiefe Trauer, beklemmende Angst, Wut und Hass, zärtliches Angerührtsein und leidvoller Schmerz.

Nehmen Sie sich die Zeit, Ihren Tränen nachzuspüren mit den Fragen: „Wann habe ich mich schon einmal so richtig ausgeheult und bei wem?“ „Wer war mir in meinem Leben schon eine Träne wert?“ „Und um was habe ich schon einmal geweint?“

Krebs hat nichts Gutes. Aber alles Negative hat auch etwas Positives. Die Diagnose stürzt die Betroffenen zunächst in eine existenzielle Krise, gepaart mit Verzweiflung und Wut. Schließlich beginnt jedoch ein Prozess der Bewältigung, in dem sich die Krebserkrankung mehr und mehr zur gelebten Realität entwickelt. Daraus ergeben sich Chancen.

Gerade weil sich beruflich und privat so viel verändert, kann eine Krebserkrankung ein Anstoß dafür sein, die bisherigen Lebensvorstellungen zu überdenken. Vielleicht kamen früher Bereiche zu kurz, für die man sich jetzt mehr Zeit nimmt. Man erfüllt sich Wünsche, die immer aufgeschoben, hinten angestellt wurden. Das eigene Leben wird plötzlich aus einer ganz anderen Perspektive betrachtet, was die Gelegenheit bietet, sich aus festgefahrenen, unbefriedigenden Lebenssituationen und Bindungen zu lösen.

Viele Krebspatienten erkennen erst aufgrund ihrer Erkrankung, was ihnen wirklich gut tut. Sie planen und strukturieren ihren Alltag neu, wenden sich bewusst den Dingen zu, die ihnen Freude bereiten. Sie erfüllen sich einen langgehegten Urlaubstraum, widmen sich ihren Hobbies, vertiefen Beziehungen, knüpfen Kontakte. Sie entdecken Dinge, wofür sie sich vorher nie Zeit genommen hätten. Und sie erkennen bei sich Ressourcen, auf die sie jetzt zurückgreifen können.

Nicht selten sind sie selbst überrascht, welche Kraft in ihnen steckt. Eine Krebserkrankung kann eine Chance sein, das eigene Leben zu entrümpeln, die Seele zu befreien, und sich auf das zu konzentrieren, was wirklich wichtig ist. Und so ganz nebenbei fangen manche auch wieder an zu träumen…

Als Systemische Beraterin und Familientherapeutin unterstütze und begleite ich Menschen in belastenden Lebenssituationen, die alleine schwer zu bewältigen sind, wie zum Beispiel eine Krebserkrankung. Hierbei wird die Betreuung für Betroffene und Angehörige individuell abgestimmt und kann bereits zum Zeitpunkt der Diagnose, während der Therapien, in der Nachsorge oder einer palliativen Situation hilfreich sein.

Ein besonderer Schwerpunkt meines psychosozialen Angebots ist die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Kontext der jeweiligen familiären Gegebenheiten. Allen Menschen, die sich mir anvertrauen – ob groß oder klein, begegne ich mit Wertschätzung, dem Respekt vor ihrer Einzigartigkeit und mit Empathie.




Kinder begegnen dem Tod

Trauerbegleitung von Kindern und Jugendlichen

„Lange saßen sie dort und hatten es schwer, doch sie hatten es gemeinsam schwer,
und das war ein Trost. Leicht war es trotzdem nicht.“

Astrid Lindgren
Foto: Hans Kretzmann from Pixabay.com
Foto: Hans Kretzmann from Pixabay.com

Wenn eine Krebserkrankung trotz Behandlung fortschreitet und die Hoffnung auf Heilung immer kleiner wird, steigt der Belastungspegel in der Familie steil an: Verzweiflung, Wut, Trauer, bedrückte Stimmung und oft völlige Sprachlosigkeit machen sich breit. Auch wenn es sicherlich zu den schwierigsten Aufgaben für Eltern gehört, über das Sterben und den Tod zu sprechen, ist es dennoch wichtig, die Situation beim Namen zu nennen und sie dem Kind zu erklären. Vielen Problemen und Kummer wird vorgebeugt, wenn Kinder und Jugendliche in das einbezogen werden, was geschieht oder geschehen wird. Eltern sollten nie vergessen, dass Liebe, Offenheit und Vertrauen im Umgang mit ihren Kindern eine sehr gute Basis für die gemeinsame Trauerbewältigung ist. Kinder haben einen ganz anderen Zugang zum Tod als Erwachsene. Während Erwachsene oft unter einer Glocke sind, geben sich Kinder Trauerpausen, sind pragmatischer, sind fröhlich und unbedarft. Dann wieder sind sie traurig, lustlos und verzweifelt. Das teilweise befremdliche Verhalten rührt daher, dass Kinder die Dimension nicht kennen, eine ihnen nahestehende Person nie wiederzusehen.

Bei Jugendlichen sieht das ganz anders aus. Sie verschließen sich eher und finden schwer Zugang zu Gefühlen. Ihnen beiden ist gemein, dass sie einen festen und einfühlsamen Ansprechpartner außerhalb der Familie brauchen. Betroffene sollten sich nicht scheuen, auch professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Mein Therapie- und Beratungsangebot
Mit meinem Therapie- und Beratungsangebot möchte ich Eltern darin unterstützen, im Umgang mit ihrem Kind bzw. Jugendlichen ein gutes und sicheres Gefühl zu haben und Selbstvertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten zu entwickeln. Den jungen Menschen möchte ich dabei behilflich sein, Fragen zu klären, Ängste und Sorgen auszudrücken und sich auf schwierige Situationen innerlich vorzubereiten. Familien möchte ich dazu anleiten, eine offene Kommunikation über die Schwere der Erkrankung und die damit einhergehenden Belastungen zu pflegen.
Ich verstehe meine Arbeit als Prävention im Sinne einer seelischen Gesundheitsvorsorge für Kinder aller Altersstufen unter Berücksichtigung entwicklungspsychologischer Aspekte und der Grundsätze der systemischen Sichtweise.

Meine Arbeitsmethoden
Nicht das Ereignis selbst, sondern die Art und Weise, wie damit umgegangen wird, ist entscheidend für eine gute Trauerbewältigung. Die praktischen Unterstützungsangebote in meiner Arbeit mit trauernden Kindern und Jugendlichen können auch als Anregung für die Umsetzung in der Familie gesehen werden. Erlaubt und hilfreich ist jedoch im Prinzip alles, was zur Verarbeitung der existentiellen Situation positiv beitragen kann. Denn: Im Augenblick der Verzweiflung zählt nicht, was richtig oder falsch ist, sondern was hilft, weiterzuleben…

Ein Gespräch in ruhiger Atmosphäre lässt es zu, Fragen zu stellen, Gedanken und Gefühle auszudrücken und den Einstieg in das schwierige Thema zu finden, wobei der Entwicklungsstand und die geistige Reife des jungen Menschen stets Beachtung finden. Denn: Wahr ist, was verarbeitet werden kann.

Eine tröstende Umarmung gibt dem Kind und Jugendlichen Halt, wenn das Bedürfnis besteht, sich in den Arm nehmen zu lassen. Es ist nicht hilfreich, einem Kind zu sagen „sei tapfer“, wenn es anfängt zu weinen. Denn: Tränen haben heilende Wirkung.

Malen und Zeichnen eignen sich als Medium, um miteinander ins Gespräch zu kommen und Zugang zu den Gedanken und Emotionen zu bekommen. Denn: Gemalte Bilder sind oft ein Schlüssel zur Seele der Kinder.

Gedichte zu schreiben und Tagebuch zu führen helfen dabei, spielerisch die Kraft der Sprache zu entdecken und neue Kräfte zu mobilisieren. Denn: Schreiben bereitet Freude und öffnet das Herz.

Über das Spielen lernen Kinder offener und freier mit ihren Themen umzugehen und ihre Fantasien und Erlebnisse auf ihre Weise zu verarbeiten. Denn: Im Spiel ist Heilung.

Atem- und Entspannungsübungen reduzieren Stress und psychische Belastung, begünstigen den Abbau von Sorgen und Ängsten und stellen das innere Gleichgewicht wieder her. Denn: Entspannung ist gut für Körper, Geist und Seele.

Trauergeschichten vorlesen, um Kindern liebevoll tröstlich und altersentsprechend den Tod zu erklären. Denn: Geschichten erzählen auch von der Hoffnung über den Tod hinaus.




Wie sag’ ich’s (m)einem Kind?

Wenn nach einer Krebserkrankung nichts mehr ist, wie es einmal war

Nachdenkliche Mutter
Foto: CFalk/pixelio.de

Wie sag‘ ich’s (m)einem Kind? – Elternschaft und Krebs …

Eine Krebserkrankung stellt nicht nur für den Patienten selbst, sondern auch für dessen Familienangehörige eine enorme Belastung dar. Die tiefe Erschütterung der bestehenden Wirklichkeit betrifft die familiäre Wirkung besonders dann, wenn Eltern- und Krankenrolle zusammenfallen. Kinder können krank vor Angst um die Eltern werden! Aufklärung tut Not!

Wenn ein Elternteil an Krebs erkrankt, ist in einer Familie nichts mehr wie es war…

Arztbesuche, Therapieplanungen – der Alltag hat sich komplett verändert. Die Angst vor der Zukunft beherrscht das Leben der Betroffenen. Als erkrankter Elternteil beschäftigen ihn Fragen wie: Wie viel Zeit bleibt mir noch? Werde ich meine Kinder noch aufwachsen sehen? Kann ich überhaupt – und wenn ja wie lange – meine Aufgaben als Mutter oder Vater noch erfüllen? Er wird mit Fragen konfrontiert wie: Was sollen und dürfen meine Kinder über meine Erkrankung erfahren? Darf ich sie überhaupt damit belasten? Versuche ich sie besser zu schonen? Was sage ich wie – und wann?

Kinder sind Mitbetroffene! – Die Beweggründe meiner Arbeit

Betroffene Eltern, die sich in dieser Situation allein gelassen und überfordert fühlen, möchte ich im Umgang mit diesen Fragestellungen informativ und begleitend unterstützen. Die Erfahrung und wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass auch Kinder aller Altersgruppen in dieser Lebenslage ganz besonderen Hilfen bedürfen.
Die weitere Entwicklung des Kindes kann deutlich negativ beeinflusst werden, wenn auf seine speziellen Probleme nicht eingegangen wird.

Deshalb liegt mir die Arbeit mit dem jungen Menschen im Kontext seiner Familie besonders am Herzen. Ein wichtiger Faktor ist hierbei die Zusammenarbeit mit den Eltern unter Einbeziehung des psychosozialen Umfelds. Darüber hinaus werden die interdisziplinäre Zusammenarbeit und der intensive Austausch auf multiprofessioneller Ebene bedeutsam, sobald der entwicklungspsychologische Prozess des jungen Menschen dies erforderlich macht..